Freitag, 12. Oktober 2012

Unzulässige E-Mail-Werbung – wann ist eine E-Mail-Werbung auch ohne ausdrückliche Einwilligung erlaubt?

Kleiner Exkurs in das Wettbewerbs- und Werberecht, der aber im Zusammenhang mit der Frage der datenschutzrechtlichen Zulässigkeit der Nutzung von Daten für Werbezwecke interessant sein kann:

§ 7 UWG stellt in Abs. 2 Nr. 3 ja bekanntermaßen recht hohe Anforderungen an eine rechtmäßige Versendung von Werbe-E-Mails. Grundsätzlich ist eine solche ja erlaubt – sowohl im B2C- als auch B2B-Bereich –, sofern eine vorherige ausdrückliche Einwilligung des Adressaten vorliegt. Nicht nur das: Der E-Mail-Versender hat das Vorliegen der Einwilligung im Streitfalle auch zu beweisen, was bedeutet, dass er die Einholung dieser Einwilligung in beweisttauglicher Manier dokumentieren muss.

Zu Recht weisen manche Versender von Werbe-E-Mails darauf hin, dass eine Versendung von solchen E-Mails auch ohne eine ausdrückliche Einwilligung erlaubt ist. Dies basiert aber nicht wie oftmals rechtsirrig angenommen auf einer so genannten “mutmaßlichen Einwilligung” bei Bewerbungen von Unternehmen (siehe meinen Beitrag hier) – so etwas gibt es nur im Falle der Telefonwerbung (siehe mein Beitrag hier).

Nähere Einzelheiten definieren hier vielmehr die Regelungen des § 7 Abs. 3 UWG. Diese Regelungen werden im Streitfall von den Werbenden gerne etwas zu weit ausgelegt. Aus diesem Grund folgen meine Erläuterungen, welches Verhalten beim Einsatz von Werbe-E-Mails diese Ausnahmevorschrift erlaubt:

1. Der Unternehmer muss die E-Mail-Adresse des Betroffenen “mit dem Verkauf einer Ware oder Dienstleistung von dem Kunden” erhalten haben: Dies bedeutet, dass die betroffene E-Mail-Adresse direkt vom Kunden erlangt sein worden muss und nicht etwa auf anderem Wege (etwa von einem Adresshändler oder etwa selbst ermittelt). Außerdem muss die E-Mail-Adresse bei einem Verkauf oder einem anderen Austauschvertrag (Mietvertrag, Werkvertrag, usw.) einer Ware oder Dienstleistung erlangt worden sein.

Hier ist zum einen zu beachten, dass die E-Mail-Adresse in sachlichem Zusammenhang mit dem Verkauf steht. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn der Betroffene per E-Mail die Ware oder Dienstleistung bestellt hat oder der Vertragsschluss auf diese Art und Weise zu Stande gekommen ist. Ausreichend soll auch sein, wenn die E-Mail-Adresse im Zuge der Vertragsdurchführung oder bei Erfüllung einer nachvertraglichen Verpflichtungen vom Kunden mitgeteilt wurde. Im Detail umstritten ist, inwieweit das Nutzen einer E-Mail-Adresse im Rahmen von § 7 Nr. 3 UWG erlaubt ist, wenn kein Vertragsverhältnis zustande gekommen ist, sondern lediglich eine sog. Vertragsanbahnung stattfand. Teilweise wird hier vertreten, dass es ausreichend sei, wenn der Status der konkreten Vertragsanbahnung erreicht wurde und nicht nur ein generelles Interesse an einem Produkt geäußert, sondern die Parteien sich darüber hinaus bereits in konkreten Gesprächen befanden.

Die Nutzung der E-Mail-Adresse zu Werbezwecken muss darüber hinaus aber auch in einem zeitlichen Zusammenhang mit dem Verkauf stehen. Wird die E-Mail-Adresse erst zwei Jahre nach dem Verkauf für Werbezwecke eingesetzt, soll dieser Zeitraum überschritten sein (LG Berlin, Entscheidung vom 02.07.2004, Az. 15 O 653/03).

2. Die E-Mail-Adresse darf nur zur Direktwerbung für eigene ähnliche Waren oder Dienstleistungen verwendet werden.

Jedenfalls muss es sich hierbei um Bewerbungen für eigene Waren oder Dienstleistungen handeln – d.h. eine Werbung für andere Unternehmen oder auch konzernmäßig verbundene Unternehmen ist nicht von § 7 Abs. 3 UWG gedeckt.

Bei ähnlichen Waren oder Dienstleistungen soll es sich um solche handeln, die den gleichen erkennbaren oder typischen Verwendungszweck oder Bedarf des Kunden entsprechen. Dieses Kriterium ist in der Praxis im Einzelfall oftmals sehr schwierig zu beurteilen, inwieweit und wo eine Grenze zu ziehen ist. Auch für funktionell zusammengehörige Waren wie Zubehör und Ergänzungen darf wohl geworben werden – auch hier sind Einzelheiten umstritten.

3. Der Kunde darf der Verwendung seiner E-Mail-Adresse zu Werbezwecken nicht widersprochen haben. Ob der Eintrag in einer Robinson-Liste einem Widerspruch gleichsteht, ist in der juristischen Literatur auch umstritten, dürfte aber meines Erachtens sehr fraglich sein.

4. Der Kunde muss bei der Erhebung der E-Mail-Adresse und bei jeder Verwendung klar und deutlich darauf hingewiesen werden, dass er der Verwendung jederzeit widersprechen kann, ohne dass hierfür andere als die Übermittlungskosten nach den Basistarifen entstehen: Hierbei wird klargestellt, dass der Hinweis nicht nur bei der erstmaligen Erhebung der E-Mail-Adresse erfolgen muss, sondern auch bei jeder Verwendung – also bei jeder werblichen Ansprache per E-Mail oder im Newsletter. Eine ähnliche Regelung, die allerdings die Frage des “ob” der Nutzung von personenbezogenen Daten zu Werbezwecken betrifft, findet sich in § 28 Abs. 4 BDSG. Weder darf nach der Regelung des § 7 Abs. 3 UWG eine kostenpflichtige Rufnummer (über den normalen Basistarif hinaus) geschaltet werden noch darf für die Bearbeitung des Widerspruchs eine Gebühr verlangt werden.

Hinzu kommt, dass die Regelung des § 7 Abs. 3 UWG als Ausnahmevorschrift zu § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG eng auszulegen ist und im Streitfalle das Vorliegen der Tatbestandsmerkmale vom Werbe-E-Mail-Versender dargelegt und bewiesen werden muss.

Dienstag, 9. Oktober 2012

Haftung und Sanktionen bei Datenschutzverstößen – Unterlassungsansprüche (Abmahnung)




Ist ein Betroffener durch eine datenschutzwidrige Maßnahme einer verantwortlichen Stelle (§ 3 Abs. 7 BDSG) in seinen Rechten verletzt und steht ihm deshalb ein Schadensersatzanspruch zu – etwa aus § 7 BDSG, § 8 BDSG oder aus § 823 Abs. 1 BGB oder § 824 BGB, § 826 BGB oder § 831 BGB – so steht dem Betroffenen daneben auch ein Unterlassungsanspruch oder Beseitigungsanspruch zu.

Unterlassungsansprüche können sich aber auch von einer ganz anderen Seite aus ergeben – nämlich etwa von Seiten eines Wettbewerber über das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) oder dass Unterlassungsklagengesetz (UKlaG).

In der juristischen Literatur und in der Rechtsprechung ist umstritten, ob ein Verstoß gegen Datenschutzvorschriften ein Verstoß gegen die wettbewerbsrechtliche Norm des § 4 Nr. 11 UWG – Vorsprung durch Rechtsbruch – bedeuten kann. Ähnlich wie bei dem bekannten Verstoß gegen die Impressumspflicht aus § 5 TMG stünden dann entsprechende Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche gemäß § 8 Abs. 3 UWG etwa jedem Mitbewerber, Wettbewerbs- und Verbraucherzentralen oder den Industrie- und Handelskammern zu.

Ein Verstoß gegen § 4 Nr. 11 UWG liegt allerdings nur dann vor, wenn die gesetzliche Regelung, gegen die verstoßen wurde, gerade im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten regeln soll. Dies ist bei Datenschutznormen umstritten. Zwar wird zum Teil vertreten, dass datenschutzrechtliche Normen aufgrund einer verbraucherschützenden Tendenz eine Marktverhaltensregel darstellen würden – und damit § 4 Nr. 11 UWG einschlägig wäre. Gleichwohl geht die wohl überwiegende Rechtsprechung davon aus, dass der dem Datenschutz zugrundeliegende Schutz der Persönlichkeitsrechte der Betroffenen keine Marktverhaltensregel darstellt und daher auch nicht in den Anwendungsbereich des § 4 Nr. 11 UWG fällt.

Zu beachten ist hierbei aber, dass auch Vorschriften der Datenschutzgesetze wirtschaftliche Relevanz haben können, womit nach Ansicht einiger Gerichte eine wettbewerbsrechtliche Relevanz im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG vorliegen könne (OLG Karlsruhe, Urteil vom 9.05.2012 – Az. 6 O 38/11 Rn. 32; anderer Ansicht: OLG München, Urteil vom 12.01.2012 – Az. 29 O 3926/11). Dies dürfte insbesondere bei den Vorschriften über den Umgang mit personenbezogenen Daten zu Werbezwecken oder für den Adresshandel (§ 28 BDSG, § 29 BDSG) relevant sein – gerade wenn man vor dem Hintergrund der Verschärfung der Vorschriften des § 28 Abs. 3 BDSG den gestiegenen Wert für datenschutzrechtlich rechtmäßig erhobene Daten (etwa über eine Einwilligung) betrachtet. Hier hielte ich es durchaus für vertretbar, dass ein unter Missachtung der strengen Vorschriften des § 28 Abs. 3 BDSG handelndes Unternehmen sich gegenüber einem rechtstreuen Unternehmen durch Rechtsbruch einen unzulässigen Vorteil verschafft, mithin § 4 Nr. 11 UWG einschlägig wäre.

Neben Unterlassungsansprüchen aus § 8 UWG können auch Unterlassungsansprüche aus Unterlassungsklagengesetz (UKlaG) bestehen. Hier können Verbraucherverbände und andere qualifizierte Einrichtungen gemäß § 3 Abs. 1 UKlaG datenschutzrechtliche Verstöße gegen AGB-Vorschriften (§§ 307 BGB ff.) abmahnen und auf Unterlassung klagen. Dies gilt für etwa für datenschutzwidrige AGBs oder zum Beispiel auch für Datenschutzerklärungen, sofern diese als Allgemeine Geschäftsbedingungen zu qualifizieren sind.