ULD „FTC diskreditiert sich als Datenschutzinstanz“
Am 31.05.2012 kündigte Microsoft Inc. für eine neue
Version des Internet Explorers (IE10) in Windows 8 an, per Grundeinstellung mit
Hilfe des sog. „Do Not Track-Signal“ (DNT) angesurften Webservern mitzuteilen,
dass ein Verfolgtwerden über verschiedene Internetseiten (Tracking) unerwünscht
ist. Microsoft würde als erster Browseranbieter die Forderung von Daten- und
Verbraucherschützern nach datenschutzfreundlichen Grundeinstellungen (engl.:
privacy by default) in Hinblick auf „Do Not Track“ umsetzen. „Privacy by
Default“ wird auch in der im Januar 2012 von der EU-Kommission vorgeschlagenen
Europäischen Datenschutz-Grundverordnung gefordert.
Im World Wide Web Consortium (W3C, www.w3.org), das für eine Standardisierung von
Techniken im World Wide Web zuständig ist, wurde Microsoft insbesondere von
Industrievertretern kritisiert. Der aktuelle Entwurf einer DNT-Vereinbarung
verbiete Browsern eine Default-Lösung.
Durch die IE10-Voreinstellung wäre für die Nutzenden
keine weitere Aktion nötig, um die Aussendung des DNT-Signals zu veranlassen.
Die Industrie erwartet Einbrüche bei den Werbeeinnahmen, wenn das DNT-Signal
von den Webserver-Betreibern beachtet werden muss. Akzeptiert würde nur eine
Lösung, bei der die Nutzenden aufgefordert werden, eine aktive Entscheidung für
oder gegen das Tracking zu treffen. In welchem Maße davon auch die Verfolgung
im Internet mit Hilfe von sog. Cookies umfasst sein wird (Do Not Collect), ist
noch offen.
Microsofts Initiative wurde bereits von zwei Abgeordneten
des US-amerikanischen Kongresses begrüßt. Nun meldete sich die US-amerikanische
Wettbewerbs- und Verbraucherschutzbehörde, die Federal Trade Commission (FTC),
zu Wort. Sie kritisiert, Microsoft würde durch die Voreinstellung die
Verbraucherinnen und Verbraucher bevormunden.
Thilo Weichert, Leiter des ULD: „Datenschutz durch
Grundeinstellungen sowie Privacy by Design sind in Europa und zunehmend auch in
den USA anerkannte Ziele eines modernen Datenschutzes. Unsere vernetzte Welt
wird immer undurchschaubarer für Verbraucherinnen und Verbraucher.
Unkomplizierte, von den Nutzenden veränderbare
Voreinstellungen sind wichtig zur Umsetzung des Datenschutzes. In Microsofts
´Privacy by Default`-Ansatz werden die Wahlmöglichkeiten der Nutzenden eben
nicht eingeschränkt. Mit der Verwendung des neuen Internet Explorers könnten
Verbraucherinnen und Verbraucher in diesem Punkt datenschutzfreundliche
Browsersoftware wählen. Der Normalfall soll und muss die Internetzung ohne
Profilbildung durch Tracking sein, nicht informationelle Ausbeutung und
Fremdbestimmung. Mit ihrer Stellungnahme diskreditiert sich die FTC, die für
die Verbraucher da sein sollte. Sie macht sich so zum Handlanger der
US-Werbeindustrie. Microsoft sollte sich nicht einschüchtern lassen; es ist
absehbar, dass anders programmierte Browser in Europa bald unzulässig sind.“
26. Juni 2012
P R E S S E M I T T E I L U N G des ULD
Unabhängiges Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein