Dienstag, 26. Juni 2012

Angriff auf Microsofts Ansatz zu "Datenschutz durch Grundeinstellung"


ULD „FTC diskreditiert sich als Datenschutzinstanz“

Am 31.05.2012 kündigte Microsoft Inc. für eine neue Version des Internet Explorers (IE10) in Windows 8 an, per Grundeinstellung mit Hilfe des sog. „Do Not Track-Signal“ (DNT) angesurften Webservern mitzuteilen, dass ein Verfolgtwerden über verschiedene Internetseiten (Tracking) unerwünscht ist. Microsoft würde als erster Browseranbieter die Forderung von Daten- und Verbraucherschützern nach datenschutzfreundlichen Grundeinstellungen (engl.: privacy by default) in Hinblick auf „Do Not Track“ umsetzen. „Privacy by Default“ wird auch in der im Januar 2012 von der EU-Kommission vorgeschlagenen Europäischen Datenschutz-Grundverordnung gefordert.

Im World Wide Web Consortium (W3C, www.w3.org), das für eine Standardisierung von Techniken im World Wide Web zuständig ist, wurde Microsoft insbesondere von Industrievertretern kritisiert. Der aktuelle Entwurf einer DNT-Vereinbarung verbiete Browsern eine Default-Lösung.
Durch die IE10-Voreinstellung wäre für die Nutzenden keine weitere Aktion nötig, um die Aussendung des DNT-Signals zu veranlassen. Die Industrie erwartet Einbrüche bei den Werbeeinnahmen, wenn das DNT-Signal von den Webserver-Betreibern beachtet werden muss. Akzeptiert würde nur eine Lösung, bei der die Nutzenden aufgefordert werden, eine aktive Entscheidung für oder gegen das Tracking zu treffen. In welchem Maße davon auch die Verfolgung im Internet mit Hilfe von sog. Cookies umfasst sein wird (Do Not Collect), ist noch offen.

Microsofts Initiative wurde bereits von zwei Abgeordneten des US-amerikanischen Kongresses begrüßt. Nun meldete sich die US-amerikanische Wettbewerbs- und Verbraucherschutzbehörde, die Federal Trade Commission (FTC), zu Wort. Sie kritisiert, Microsoft würde durch die Voreinstellung die Verbraucherinnen und Verbraucher bevormunden.

Thilo Weichert, Leiter des ULD: „Datenschutz durch Grundeinstellungen sowie Privacy by Design sind in Europa und zunehmend auch in den USA anerkannte Ziele eines modernen Datenschutzes. Unsere vernetzte Welt wird immer undurchschaubarer für Verbraucherinnen und Verbraucher.
Unkomplizierte, von den Nutzenden veränderbare Voreinstellungen sind wichtig zur Umsetzung des Datenschutzes. In Microsofts ´Privacy by Default`-Ansatz werden die Wahlmöglichkeiten der Nutzenden eben nicht eingeschränkt. Mit der Verwendung des neuen Internet Explorers könnten Verbraucherinnen und Verbraucher in diesem Punkt datenschutzfreundliche Browsersoftware wählen. Der Normalfall soll und muss die Internetzung ohne Profilbildung durch Tracking sein, nicht informationelle Ausbeutung und Fremdbestimmung. Mit ihrer Stellungnahme diskreditiert sich die FTC, die für die Verbraucher da sein sollte. Sie macht sich so zum Handlanger der US-Werbeindustrie. Microsoft sollte sich nicht einschüchtern lassen; es ist absehbar, dass anders programmierte Browser in Europa bald unzulässig sind.“


26. Juni 2012
P R E S S E M I T T E I L U N G des ULD
Unabhängiges Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein